TH1RTEEN R3ASONS Why

Dies ist eine „kurze“ Analyse der Hintergründe und Motive der Serie. Was passiert in den Seelen? Es ist unabdingbar vorher die Serie gesehen zu haben.


Was diese Serie (nur Staffel 1) sehenswert macht ist, dass es „realistisch“ ist. Die Charaktere und ihr Schmerz sind überwiegend stimmig. Wir können viel über uns und andere lernen. Und so auch helfen es zu vermeiden, weil wir dann nicht mehr hilflos und blind daneben stehen.


Also starten wir einfach und schauen uns die Story hinter der Story an … kommen sie näher … noch näher und sehen sie in die verborgenen Muster:

Interessant ist, dass ja Clay die ganze Zeit da ist. Parallel zu allen Handlungen, aber fast nie eine tatsächliche Rolle spielt. Er ist entweder nicht aufregend genug, oder Hannah sieht sich als nicht gut genug. (Es wird beides explizit erwähnt und gezeigt.)


Es hat immer mit Wert, Sichtbarkeit und der Verwechslung von Aufmerksamkeit und Annahme zu tun.


Frage: woher kommt ihr initialer Schmerz? Ist es die finanzielle Situation der Eltern, dass Liebe nie so wichtig war wie Geld und Erfolg? Da können wir aber nur spekulieren, weil über diese Beziehung wenig gezeigt wird. Wir können aus ihrem Verhalten nur auf Glaubenssätze schließen.


Sie reproduziert bei der Freundeswahl das Muster Ablehnung, des „ich werde nicht gesehen“. Das ist ihr Glaubenssatz.


Sie meidet die Menschen und Situation, in denen sie wirklich gesehen werden könnte. Sie hat Chancen sich zu öffnen, sich zu erklären, aber sie möchte, dass jemand in sie rein schaut und ihre Gefühle auf magische Weise liest. Sie möchte gerettet werden, aber sagt allen die helfen wollen: „verpisst Euch“. Das ist das Paradebeispiel für den klassischen Leidgenerator. Und dieser Leidgenerator wird angetrieben durch ihren Glaubenssatz. Ob wir wollen oder nicht: wir handeln genauso, dass der Glaubenssatz wahr wird. Es ist die tiefste und stärkste Programmierung unseres Gehirns. Und das wird in vielen Szenen sehr schön sichtbar. Gerade in der Nacht mit Clay und im Gespräch mit dem Vertrauenslehrer.


Und es gibt nicht wirklich jemanden, der sich die Zeit nimmt hinter die Fassade zu blicken. Was auch schwer ist, weil es Zeit und Hartnäckigkeit erfordert.

Gehen wir die Folgen durch und betrachten das jeweilige Hauptmotiv und Lektionen.


Also los geht’s ...


Comunication question ask Why

Tape 1: Der erste Kuss und das Schlampen-Bild

Ihr erster Kuss mit Justin. Dabei entsteht das Bild wo man ihren Slip sieht, Bryce verschickt es und sie wird zur Schlampe abgestempelt.

Thema

Ich gebe mich hin ohne jemanden zu kennen. Es ist kein Vertrauen und keine Beziehung da, aber ich möchte das instant erzeugen über Romantik und Körperlichkeit. Ich kenne den anderen nicht und ich sehe den anderen nicht. Ich interessiere mich nur für ihn, weil er meine Bedürfnisse befriedigen soll. Ich möchte gesehen werden, ohne zu sehen. Ich verstecke mich, aber erwarte von den anderen, dass sie sich zeigen.

Lesson

Gehe davon aus, dass alle lügen und alle verletzt sind. Das was Euch verbindet ist der gemeinsame Schmerz und dass ihr nicht den Mut habt, dazu zu stehen. Die Angst dahinter: wenn mich jemand sieht wie ich bin, dann mag mich keiner mehr.

Note

Der wirklich von allen handelnden Personen am ärmsten dran ist, ist Justin. (Erfährt man im Verlauf der Staffel.) Und hier hätte Hannah die Chance gehabt ihn zu sehen und für ihn da zu sein. Aber alles war nur Ego bei ihr. Es hätte dann nämlich keinen Kuss und kein Bild gegeben … nicht zu dem Zeitpunkt, sondern einen Schritt zu echter Begegnung, Wertschätzung und Annahme. Hier ist der entscheidende Punkt, weil wir nie Opfer oder Täter sind, sondern immer beides. Oft ist es die Unterlassung das Richtige zu tun, was sich später dramatisch rächt.

Tape 2: Jessica und Alex

Freundschaft ohne echte Beziehung, die dann wegen Romantik (Freundschaft zwischen Jessica und Alex) zerbricht. Auch das mit Alex und Jessica geht schnell auseinander.

Thema

Ich verwechsle Nähe (Vertrautheit) mit Vertrauen.

Lesson

Immer zuerst die Seele verbinden. Also Begehren (Romantik) hinten anstellen. Wenn ich das nicht kann, schaue ich in mich hinein und prüfe welches Loch gefüllt oder welcher Schmerz betäubt werden soll.

Tape 3: Der beste Arsch

Mehr oder weniger aus Rache setzt Alex Hannah und Jessica auf die Liste: Hannah als besten Arsch und Jessica als den schlechtesten.

Thema

Dazu muss man nicht viel schreiben, weil es offensichtlich ist. Hier werden alle Frauen auf ein Objekt reduziert. Den meisten ist es egal, wenn sie gut dabei wegkommen, weil es sich mit ihrem Weltbild deckt. Hannah möchte nicht Objekt sein und deswegen ist es auch kein Kompliment. Das Alex es tut verrät mehr über ihn und seine Werte und Sichtweisen, als über die anderen.

Lesson

Eine Reduktion von Mensch auf Funktion ist nie ein Kompliment. Das was wir tun, zeigt wir wir uns (und die Welt) sehen. Sich das ehrlich anzuschauen tut weh, ist aber extrem hilfreich und heilend.

Tape 4: Courtney und das Experiment der lesbischen Liebe

Mädelskuss und Bild (wobei sie beide nicht zu erkennen sind). Courtney hat aber Angst und distanziert sich.

Thema

Lust vs. Trust. Zu früh das Falsche: kein Interesse an der Person, sondern nur an sich selbst. Ich setze Vertrauen voraus, wo es noch nicht entstanden sein kann. Und ich kenne die Motive des anderen nicht.

Lesson

Das Thema der ganzen Geschichte ist ja Lust vs. Trust, bzw. das beides gleichgesetzt oder verwechselt wird, was tödlich endet. Ich möchte über eine körperliche Handlung einen emotionalen (seelischen) Zustand erreichen. Ich möchte Instant-Vertrauen erzeugen. Aber auch hier gilt wieder: wenn man sich nicht nur um sich selbst dreht, sondern mal den anderen anschaut (hier also Hannah versuchen würde Courtney zu verstehen und kennenzulernen), dann kann ich helfen und heilen.

Tape 5: Courtney 2

Courtney setzt (aus Angst bzw. Scham) Gerüchte über Hannah in die Welt, um von sich selbst abzulenken.

Bryce trifft sie in dem kleinen Laden und fasst ihr an den Arsch (mit Referenz zur Liste).

Thema

Courtney ist nur die absehbare Folge von 4) gewesen. Bryce: hier ist sie tatsächlich Opfer und hat überhaupt keinen Machtbereich in der Handlung. Allerdings in der Interpretation. Mit einem gesunden Weltbild kann sie Mitgefühl für Bryce haben, weil er durch seine Handlung zeigt, dass er sich selbst auch nur als Objekt sieht (ich spiegel ja immer).

Lesson

Courtney: Behandle (vermeide) Probleme, solange sie klein sind. Scham braucht Schweigen, Heimlichkeit und Verurteilung um zu wachsen. Deswegen vorher reden und die Werte klären.


Bryce: Was Menschen tun und sagen, ist immer ein Spiegel ihres Innenlebens.

Tape 6: Valentins-Treff mit Marcus

Marcus ist so der PickUp-Held und sieht Hannah(oder jede Frau) nur als Objekt. Deswegen bringt er die „Jungs“ mit, damit sie lernen können, wie man es richtig macht. Er kommt eine Stunde zu spät und sagt „wenn ein Mädchen so lange wartet, dann will sie Dich wirklich“.

Sie reden kurz und dann fasst er ihr auch schon zwischen die Beine.

Thema

Einfach nur hinschauen! Vorher! Hier ist es offensichtlich, welches Weltbild das Gegenüber hat. Deswegen erst Werte abgleichen und dann überlegen, ob, wie und mit welchem Ziel Kontakt stattfinden kann.

PickUp arbeitet mit Psychotricks, hier z.B. das Wartenlassen (auch wenn es übertrieben dargestellt ist). Gewissermaßen ist die Analyse richtig, bedeutet aber im Kern: mein Gegenüber ist total einsam und verzweifelt und braucht dringend Liebe und Annahme. Aber anstatt liebevoll oder kooperativ zu handeln, suche ich mir die schwächsten Opfer, damit ich stark aussehe, und nutze die Schwächen (die tiefsten Verletzungen) schamlos aus. Das ist die Basis von den meisten „Beziehungen“ (Dates). Reine Schmerzbetäubung und Dominanz. Aber es machen immer beide Seiten! Jeder Missbrauch braucht jemanden der missbraucht werden „will“. Und beide sehen es ja nicht so. Auch die „Täter“ sagen „Ich spiele ja nur. Es ist ja alles freiwillig. Nur Spaß.“ (Eurythmics: Sweet Dreams [... ])

Lesson

Beziehung geht nur da, wo die Werte klar sind und passen. Dann muss auch Wort und Handlung kongruent sein. Und wenn wir in so eine Situation gehen, dann sind wir nie Opfer. Wir sind komplett symmetrisch zu den Personen, die wir uns aussuchen. Wir haben denselben Schmerz oder Antrieb in uns.

Das einzige was alle unsere Beziehungen gemeinsam haben, sind wir selbst.

Tape 7: Zach und warum wir die meiden, die nicht giftig genug sind

Hannah will nicht mit Zach ausgehen und er rächt sich dafür, indem er ihr die Komplimente aus ihrem Wertschätzungs-Tütchen klaut.

Thema

Klar ist Zach auch unreif, aber im Vergleich zu den anderen, wäre er noch eine gute Wahl gewesen. Hier sieht man wieder, dass Hannah sich eher für die Menschen interessiert, die toxisch sind. Je toxischer, desto besser.

Lesson

Vorher(!) hinschauen. Einfach nur hinschauen, nicht projizieren! Dazu ist es aber nötig, den eigenen Schmerz zu sehen, wahrzunehmen und zuzulassen. Der Gedanke „ich habe ein Recht verletzt zu sein“ ist wichtig, um dadurch zu gehen. Je mehr ich den Schmerz verdränge und ignoriere, desto mächtiger wird er. Es ist wie mit einer eiternden Wunde: klar kann ich die ignorieren, aber es ist keine gute Idee. Ich muss die Wunde akzeptieren, säubern und versorgen. Erst dann kann sie heilen. Und wir tendieren bei psychischen Wunden dazu, diese Schritte nie zu tun.


Erst wenn ich den Schmerz als Teil meiner Geschichte annehme und er einen Platz am Licht hat, kann ich anfangen frei zu handeln. Vorher werde ich bestimmt (der Eiter vergiftet mich).

Tape 8: Ryan und das veröffentlichte Gedicht

Die Sache mit dem Gedicht für das Schreibtraining, was nachher in der Schülerzeitung landet. Sie öffnet sich und schreibt und er betrügt sie und veröffentlicht es, ohne ihre Zustimmung.

Thema

Wieder ist keine Basis für Vertrauen vorhanden (alles zu schnell und zu flach). Darüber hinaus ist das eigentliche Thema bei Kunst und Kreativität: Verletzlichkeit. Das muss und darf ich da lernen. Ich kann nicht gleichzeitig Mauern um mich bauen und mich öffnen. Und aus dieser Ambivalenz kommt auch Hannahs Reaktion: es war ja anonym und sie hätte auch sagen können „schaun wir mal, wie die Leute reagieren“. Es war ja tatsächlich eine Chance für Rückmeldung. Sie stellt aber ihre enttäuschten Erwartungen in den Mittelpunkt (der sich durchziehende Egoismus aus ihrem Schmerz/Unsicherheit) heraus.

Lesson

Wachse und werde stark für Verletzlichkeit. Teste dein Weltbild ob es eher das Negative oder mehr die Chancen sieht.

Erwartungen sollten sich auf Beziehung (Vertrauen) gründen. Wenn ich überhöhte Erwartungen nur auf Basis meiner Bedürfnisse (Defizite) habe, darf ich nicht überrascht sein, wenn die Realität nicht passt.


Bedingungslose Liebe sieht, was sein kann. Beziehung lebt im Hier und Jetzt. Deswegen ist es so wichtig, dass wir beides können, aber auch auseinanderhalten können.

Tape 9: Jessicas Vergewaltigung

Die Party bei Jessica und wie Hannah die Vergewaltigung von Jessica durch Bryce erlebt.

Thema

Hier ist es die Schwäche und Abhängigkeit Justins von Bryce. In dem Moment wo es darauf ankommt, stellt Justin Bryce (seine Versorgung mit „Wert“-Ersatz) über Jessica (seine Fürsorge). Zwischen Schmerz und Liebe, entscheidet er sich für Schmerz, weil es sicher und vertraut ist.


Was das eigentliche Drama ist, ist dass hier Hannah erntet, was sie selbst gesät hat. Hätte sie sich am Anfang um Justin gekümmert, ihn tatsächlich gesehen und wahrgenommen, dann wäre das hier nie passiert. Auch wenn wir glauben, dass Egoismus nur uns schadet, sieht man hier schön, wie es auch andere vergiftet oder zumindest Heilung verhindert. Aus dieser Perspektive müssen wir unser Leben und unsere Entscheidungen sehen. Nicht nur „wo habe ich Schaden angerichtet?“, sondern auch „wo ich versäumt Gutes zu tun“. Eine sehr wichtige Art von Opportunitäts-Schuld, sozusagen.


Das Bryce durchgängig so ein Arsch ist, ist fast unrealistisch, aber vermutlich von der Dramaturgie her notwendig. Generell ist es aber nicht unmöglich. Er hat durchaus soziopathische/psychopathische Züge (da wir seine Geschichte nicht kennen, wissen wir nicht, woher es kommt; Psychopathen haben es angeboren, Soziopathen haben es erlernt). Auch hier kann ein zentraler Schmerz die Ursache sein, der verdrängt und kompensiert wird über „ich bin der Größte“ oder „ich bin der Retter der Welt“.


Das Hannah während und nach der Vergewaltigung nichts tut, ist auch spannend. Was ist da ihr Antrieb? Sie ist ja auch toxisch sich selbst und anderen gegenüber. Sie ist immer Opfer und Täter (wenn wir uns in die Opferrolle begeben, werden wir immer zum Mittäter).

Lesson

„Alles handelt von was anderem.“ Wir sehen oft gar nicht, wo wir Schmerz säen. Überall, wo wir nicht Vertrauen pflanzen und fördern, erzeugen wir Verrat. Hier Hannah bei Justin in der ersten Episode. Und umgekehrt genauso. Deswegen gibt es ein „ich habe sie/ihn doch nicht verletzt“ nicht. Wenn wir nicht lieben, verletzen wir immer. Diese Story soll uns daran erinnern, wie wichtig es ist das Richtige zu tun und für andere da zu sein. Wir können nicht wissen, wozu unser Verrat (Egoismus) in deren Leben führt.

Tape 10: Sheri und das Stoppschild

Immer noch die Party. Sheri fährt Hannah nach Hause, sie fahren das Stoppschild um und kurz darauf stirbt Jeff an dieser Stelle in einem Unfall; der auch von der Party kommt und noch was zu trinken holen will.

Thema

Einfach nur Ursache und Wirkung (Säen und Ernten). Diesmal ist keine Absicht im Spiel, aber Angst.

Lesson

Vielleicht nur eine Sache wegen der Party: manchmal ballt sich was passiert auf einen kurzen Zeitraum. Dann Verschnaufpause und Abstand suchen. In der Situation, aber auch danach.

Tape 11: Ablehnung Clay

Wieder die Party (die Szene spielt noch vor der Vergewaltigung von Jessica): Hannah und Clay machen rum und dann kommt dieser Satz „alle anderen wurden zu dir“. Die gesamten gebündelten Verletzungen, die sie durch Männer erfahren hat, werden auf Clay projiziert; obwohl [gerade weil] er der Einzige ist, der nicht so denkt und handelt. Eigentlich völlig irrational stößt sie Clay von sich, ohne sich zu erklären, und er soll sich verpissen, was er auch völlig korrekt tut.

Thema

Das ist eigentlich der spannendste Moment, weil er so völlig irrational wirkt. Sie ist so glücklich „alles ist gut“ und dann wendet sich alles was ihr „passiert“ ist gegen Clay. [Und bevor ihr weiterlest, könnt ihr kurz überlegen, ob ihr die Szene nachvollziehen könnt, und versteht, warum es logisch ist. Leider passiert genau das so oft.]


Wir haben hier mehrere Aspekte, die zusammen wirken:

  • Es ist das „Eiter-Thema“: Ihre innere Verletzung und ihr Egoismus haben nicht die Heilung und Versorgung bekommen, die sie gebraucht hätten. Ganz im Gegenteil. Unter der Highschool-Fassade eitert es weiter. Und je mehr passiert, desto schlimmer wird es. Und die Wunde platzt in dem Moment, als Heilung möglich ist. Die Reaktion ist natürlich falsch, aber aus der Verdrängung begründet. Genau wie unser überlasteter Körper krank wird, sobald wir uns mal kurz Ruhe gönnen.
  • Hannahs „Schattenkind“, nennen wir sie Elfriede, steuert sie die ganze Zeit (also durch die ganze Staffel). Und Clay ist DIE Bedrohung für „Elfriede“, weil er ein Gegenbeispiel zu dem Elfriede-Weltbild ist. Also wird sie alles tun, um ihn auf Abstand zu halten und deswegen verhält sie sich so ambivalent. Und vor allem: sie pflanzt damit das Bild von „er hasst Dich total“, was sie für die Zukunft braucht um Nähe zu vermeiden. Das ist der Klassiker von „ich bin viel zu scheiße für Dich“. Wir sehen hier das wohlbekannte Instrumentarium von Elfriede. Eine beliebte Form des „Leidgenerators“.
  • Aus der Situation wird auch der Glaubenssatz: „keiner ist für mich da“ gefestigt. Letztlich macht sie ja Clay einen Vorwurf, dass er gegangen ist. Sie sieht aber nie ihre Fehler oder ihr Fehlverhalten. Sie zeigt sich nie, aber möchte innen gesehen und verstanden werden.
  • Virginia Satir: „Ich glaube daran, dass das größte Geschenk, das ich von jemandem empfangen kann, ist, gesehen, gehört, verstanden und berührt zu werden. Das größte Geschenk, das ich geben kann, ist, den anderen zu sehen, zu hören, zu verstehen und zu berühren. Wenn dies geschieht, entsteht Beziehung.“ Aber ich muss dazu bereit sein. Es geht nur bei gegenseitiger Bereitschaft.

Lesson

Die größte Angst ist die vor dem Glück. Auch wenn wir es nicht glauben (und denken), müssen wir unsere Handlungen anschauen und nach den verborgenen Glaubenssätzen suchen, die uns unglücklich machen oder halten.


Es ist auch nicht die Angst vor dem Glück alleine (oft schon, weil das „ich bin es nicht wert“ in uns schlummert), aber oft ist es auch die Angst davor das Glück wieder zu verlieren, was aus der Perspektive viel schlimmer ist, als es nie zu erfahren. Leider ein sehr gängiges Motiv bei Handlungen (besonders Beziehungen, weil dort die größten Schmerzen sind).


Zudem müssen wir auch zu unseren „dunkelsten Fehlverhalten“ stehen und sie nicht entschuldigen. Erst wenn wir Verantwortung für unsere Schuld übernehmen, dann hat Scham keinen Platz mehr. Wir können frei werden. Schuld kann ich abgeben und aus Fehlern kann ich lernen. Sie bestimmen nicht meine Identität.


Scham hingegen bedeutet „Ich bin ein Fehler“. Da hilft nur Fassade und Verstecken. Deswegen ist es so wichtig beides zu trennen. Meine Handlungen zeigen mein Weltbild. Meine Identität ist mein Wert als Wesen. Der ist okay.

Tape 12: Vergewaltigung durch Bryce

Wieder eine Party, sie steigt in den Whirlpool und dann sind plötzlich alle weg und nur Bryce ist da; ist ja auch seine Party. Letztlich kann sie wenig machen, weil er sofort Gewalt anwendet und sie vergewaltigt. (Klar sie hätte sich noch mehr wehren können und schreien, aber ihre Resignation ist verständlich, weil sie ja auch die Vergewaltigung von Jessica erlebt hat.)

Thema

Wieder Säen und Ernten. Nach allem was vorher war, hätte sie einen großen Bogen um diese Party machen müssen (rational). Falscher Platz, falsche Leute, falsche Werte und Weltbilder. Aber es ist eine total realistische „Leidgenerator“-Situation, sich genau solche Plätze zu suchen. Schlimmer geht immer.

Lesson

Wehret den Anfängen. Wenn ich nicht heilen kann, weil das Toxische für jemanden zu gut funktioniert, dann bleibt nur Distanz. Dazu muss ich aber meinem Schmerz und meinem Versagen in die Augen geschaut haben und ihm einen Platz am Licht gegeben haben.

Tape 13: Beichte bei Mr. Porter

Hannah sucht ein Gespräch und fragt nach Hilfe, aber redet nicht. Sie will nichts sagen, aber trotzdem Hilfe, was wieder ambivalent ist. Sie wünscht sich einen Gedankenleser.


Was von Seiten Mr. Porter nervt: Er stellt zwar überwiegend die richtigen Fragen, aber er hört nicht zu. Viel zu viele Annahmen und Suggestionen, anstatt einfach einen Rahmen zu schaffen, in dem Hannah erzählen kann.


Auch hier fehlt tatsächliche Bindung/Beziehung. Beide Seiten wollen „ihren Job machen“. Er hilft nach Checkliste und Hannah sucht ihre Absolution, damit ihr Glaubenssatz „keiner ist für mich da“ wahr wird.

Thema

Leidgenerator! (Oder Elfriede, siehe oben.) Sie hat die Entscheidung schon längst getroffen, sucht aber noch Legitimation. Sie gibt Mr. Porter überhaupt keine Chance was zu tun. Und geht.


Und wieder wendet sie sich ab und erwartet, dass jemand ihre Grenzen übertritt (war bei Clay analog) um sie zu retten. Dieses Thema „Verletzung meiner Freiheit“ zeigt, dass sie noch im kindlichen Denken verhaftet ist. Es ist die Erwartung oder der Wunsch da, dass jemand die Elternrolle übernimmt und es für mich richtet. Eingreift, meine Grenzen und Freiheiten beschneidet und das tut, was ich brauche.


Aber gerade bei erwachsenen Frauen/Mädchen geht es nicht, dass jemand (wenn ich helfen will) diese Grenzen übertritt.

Lesson

Für Heilung ist es notwendig, dass ich meine Bedürftigkeit klar mache und ausdrücke (da wo es passt; hier also bei Clay und Mr. Porter), aber dann auch ein Mandat gebe. Diese bewusste Vergabe eines Mandats ist unerlässlich, weil sonst wieder Bevormundung zu Verletzung führt. Die Spirale ist die Bestätigung des „ich kann das nicht alleine“-Schmerzes. Die Bestätigung der eigenen Unfähigkeit.


Aber wenn ich um Hilfe frage, dann baue ich Beziehung, mache mich Verletzlich und zeige die ultimative Stärke. Das ist der riesige Unterschied. Um Hilfe bitten baut Beziehung. Fremdbestimmung zerstört sie.